Raphael Kunz: 2011

Dienstag, 12. Juli 2011

Erwischt

Erwischt

Ich gehe gerade gemütlich mit zwei Freunden durch die Straßen von Marburg. Dabei unterhalten wir uns was uns gerade bewegt und mitnimmt. Es sind gute und längere Gespräche. Teilweise Philosophieren wir über zwei Predigt die ich an dem Tag gehört habe („Traum oder Realität? Der perfekte Start in eine Beziehung; Mr Right und Mrs Perfect. Wie finde ich meinen Traumpartner?“). Was ich interessant fand an den Predigen. So reden wir und gehen um Mitternacht durch die Straßen von Marburg. Die Stadt ist so gut wie leer. Wir überqueren die Roten Ampeln und kurz vor dem Marburger Hauptbahnhof sehen wir einen etwas 30 jährigen Mann sitzen.. Betrunken, komplett neben sich und extrem Müde. Mir schießen einige Gedanken durch den Kopf. Was ist mit dem los? Könnte ich etwas machen? Was soll ich machen? Besser ich mache nichts, da dies ja irgendwelche Konsequenzen haben könnte? In diesen Gedanken gehe ich weiter und gehe langsam weiter. Wir werden kurz langsamer und schauen uns den Mann etwas genauer an, aber wir gehen weiter. In mir schießt der Gedanke hoch JETZT NICHT.

Aber einer meiner Freunde bleibt stehen und beugt sich herunter und fragt ob alles in Ordnung ist. Der Mann murmelt irgendetwas vor sich hin, dass ich nicht verstehen kann. Nach kurzer Zeit steht mein Freund wieder auf und geht zu uns. Ich stehe da und denke mir. Ja Raphael wäre dies so schwer gewesen? Der Freund der sich zu der Person heruntergebückt hat fängt an zu erzählen.

Er sagt, dass er es so oft kennt, dass er sich keine Zeit nimmt. Immer denkt er sich wieder, eigentlich müsste ich doch mal helfen. Die Person nach Hause bringen oder einfach nur bei ihr sein.

Aber er redet weiter und sagt, dass er eigentlich immer den Eindruck hat, jetzt gerade passt es ihm nicht. Er sagt uns sogar er hat überlegt, ob es uns vielleicht stören würde, wenn er sich jetzt Zeit genommen hätte für diese Person. Krass ich war verwundert und zugleich konnte ich ihn verstehen.

Angestoßen von seinen Gedanken die er uns mitteilte kamen wir ins Gespräch wie es uns in solchen Situationen immer wieder geht. Besonders mich traf es sehr, denn ich hatte 1,5 Wochen vorher darüber eine Predigt gehalten.

Da erzählte ich noch von Hananias (Apg 9) der auch bessere Gründe hatte als zu Saulus zu gehen und ihm zu helfen. Er wollte auch lieber sein „gemütliches“ Christsein weiterleben. Ich verglich es in der Predigt mit uns, dass wir oftmals sehr ähnlich sind. Wir haben auch immer wieder gute Gründe, warum es jetzt gerade nicht passt. Prinzipiell bin ich ja offen zu helfen, aber heute ist ganz schlecht. Ja heute ist ganz schlecht. Aber gibt es einen Zeitpunkt an dem es passt. Ich weiß noch in der Predigt habe ich gesagt, dass wir es ja oftmals einfach nur verschieben, da wir Angst haben. Wir wissen ja nicht passiert, wenn wir jetzt helfen. Es könnte uns ja wirklich etwas länger aufhalten. MHM.

Diese Predigt und die Gedanken kamen in mir wieder hoch und ich entdeckte mich mal wieder in diesen Gedanken. Nein ich bin nicht anders. Es hat mich zum Nachdenken gebracht. Wir haben noch auf dem Heimweg weiter uns darüber unterhalten, wie es uns damit geht und welche Gedanken wir darüber haben. Es war ein gutes und intensives Gespräch, aber alles in der Theorie. Was aus dem Mann geworden ist weiß ich nicht. Und ich weiß auch noch nicht genau, wie ich es das nächste Mal machen würde. Aber ich hoffe, dass ich ein Stück dazu lerne und die Situationen in der es jetzt gerade nicht passt ein bisschen weniger werden.